Vorbemerkung
Beim Tee ist es nicht anders: Der Tee ist letztlich ein Werkzeug (dōgu), den WEG (Tao) zu üben.
Das hier reproduzierte Buch ist betitelt mit Zen-Worte im Tee-Raume. Das mag für diejenigen, die mit der Teezeremonie nicht allzu vertraut sind, erkärungsbedürftig sein. Die „Zen-Worte“ Bohners beziehen sich auf die Schriftrolle mit Kalligraphie, die im Teeraum in der dafür vorgesehen Nische Tokonoma aufgehängt ist und die vom Tee-Meister (cha’jin) der Jahreszeit und dem Anlaß gemäß gewählt und gewechselt wird. Diese „Zen-Worte“ sind natürlich auch immer Kōans (Sinnsprüche zur Meditation, die sich meist nicht logisch erschließen lassen. Diese „öffentlichen Aushänge“ – so die wörtliche Übersetzung der zugrundeliegenden Schriftzeichen (公案) – dienen als Übungen des Zen-Lernenden, besonders innerhalb der Rinzai-Schule.) und haben einen meditativen (Zen-)Hintergrund. Dies insbesonders, da Stille bei der Teezeremonie oberstes Gebot ist. Bohner hat mit seinem Ausdruck „Zen-Worte“ die Doppeldeutigkeit perfekt beschrieben. Der japanische Titel des Originals liesse sich auch viel nüchterner mit „Die Schriftrollen im Teeraum – Bedeutung der Zen-Terminologie“ wiedergeben. Hermann Bohner war, etwas zum Leidwesen seiner Frau, ein Liebhaber und Sammler von kakemono (掛物). Wie aus dem einleitenden Zitat erkennbar, handelt es sich bei diesem Buch um ein Werk, das mehr mit Zen als mit der Bereitung von Tee befaßt ist. Die Anzahl von sechzig, der durch Akaji ausgewählten Sinnsprüche, ist eine bedeutungsvolle Zahl: Im ostasiatischen Kulturkreis gilt das Durchleben von den fünfmal zwölf Jahren des chinesischen Kalenders als ein voller Lebenszyklus.

Als Bohner das Büchlein übertrug gab es erst wenige Arbeiten zur Teezeremonie in westlichen Sprachen. Erwähnenswert sind Ida Trotzigs Cha-no-yu (schwedisch, 1912) und mit demselben Titel das immer wieder aufgelegte Buch Arthur Sadlers (engl. Orig. 1933). Einigermaßen umfaßend ist der ursprünglich 1930 in zwei Teilen in Asia Major erschienene Aufsatz der Omotesenke-Praktizierenden Anna Berliner: (1888-1977; geb. Meyer. Nach ihrer Promotion (Psychologie) zog das Ehepaar 1913 nach Japan, sie studierte weiter an der kaiserlichen Univ. Tokio bei Inouye Tetsujiro (ihr Mann lehrte dort Handelstechnik). Siegfried war ab Nov. 1914 in japanischer Kriegsgefangenschaft, dann seit 1920 wieder Dozent an der tokioter Uni. Anna lebte 1915-20 in USA, danach bis zu ihrer Rückkehr nach Berlin 1925 wieder in Japan, tätig als Psychologin für die Werbeabteilung von Hoshi Pharmaceuticals.) „Teekult.“ In den Nachkriegsjahren dann vor allem die Werke von Horst Hammitzsch.
Die für die Webseite zusätzlich geschaffenen Abschnitte, „Tee,“ „Tokonoma“ (Bildernische), „Biographien“ und das Literaturverzeichnis können und wollen keinen wissenschaftlich-logischen oder erschöpfenden Überblick zur Teezeremonie oder dem Rinzai-Zen bieten, dafür sind beide Themen zu komplex. Der Webseitengestalter hofft jedoch hinreichend Details zu liefern, um zu den einzelnen Bereichen ein grundlegendes Wissen darzubieten, das sich nicht auf die „Schulbuchlehren“ einzelner Schulen beschränkt und zu weiterer Entdeckung anzuregen.
Kōans und Zen in Japan
Zur Bedeutung bezw. dem Wert „öffentlicher Ausänge“ (Kōans) gibt es, innerhalb des Rinzai-Zen (aus dem die Teezeremonie hervorgegangen ist), zwei grundlegend divergierende Ansichten. Einmal Suzuki Daisetz', der den Widerspruch zu jeder Vernunft propagiert. Zweitens Ruth Fuller-Sasaki die deren „Sinnfülle“ behauptet.①
Wenn heute im Westen von Zen die Rede ist, wird fast immer der Rinzai-Zen gemeint, da die meisten bekannten Vertreter (besonders Suzuki Daisetz') dieser Schule oder ihren Methoden nahestanden. Der Rinzai-Zen legt großen Wert auf das Studium und „Erfasssen“ von Kōans. Novizen und Mönche müssen eine Reihe von Kōans meistern. Um festzustellen, ob dies tatsächlich gelungen ist, wird dem Studierenden aufgegeben, ein, für den entsprechenden Kōan passendes Schlüsselwort (jakugo), zu finden. Je nach Tempelzugehörigkeit ist die Reihenfolge der zu meisternden Kōans samt zugehöriger jakugo festgelegt. Im Laufe der Jahrhunderte ist dieser „Lehrplan“ regelrecht versteinert. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Werk. Es besteht im wesentlichen aus Sprüchen der Altvorderen, die für eine allgemeine Leserschaft erläutert werden, eine eigenständige Interpretation oder Weiterentwicklung findet nicht statt. Auch darf nicht vergessen werden, daß die ganze Palette „asiatischer Verinnerung“ (z. B. Zen aber auch Blumenstecken, Bogenschießen usw.) in Japan immer der Erhaltung des Systems gilt, nicht dessen Veränderung. Wenn japanische Ministerialbürokraten, Manager und Studenten sich in ein Zen-Zentrum begeben, erwartet sie eine andere „Kur“ als den Gast-Hippie oder Alternativen.② In Japan ist das Ziel eine klinische Säuberung der Seele vom Wildwuchs aufkeimender Eigenwilligkeit. „Der Nagel, der herausragt, wird hineingeschlagen“ (出る釘は打たれる), ist ein häufig zitiertes Sprichwort. Die zweite bedeutende Zen-Schule, die auf Dōgen Zenji zurückgehende Sōtō legt dagegen deutlich größeren Wert auf angewandte Meditation, ist dabei hinsichtlich der Körperhaltung so streng, daß sie damit jedem preußischen Feldwebel die hellste Freude machen könnte.
Kurz eingegangen werden muß auf die geschichtliche Entwicklung des Zen in Japan seit dem Vertrag von Kanagawa. In den Jahren vor und während der Meiji-Restauration kam es, besonders im Süden, zu einer massiven Buddhistenverfolgung, was zum einen damit erklärbar ist, daß die örtlichen Tempel als Ämter für die Tokugawa tätig gewesen waren. 1872/3 hatten die wildesten Auswüchse (Tempelzerstörungen, Verkauf von Kunstwerken) ein Ende, die neue Zentralregierung, die Trennung von Buddhismus und Shintō anordnete und letzteres zur staatlich geförderten „Religion“ aufbaute, wollte zugleich die Kontrolle behalten. Es ergingen entsprechende Gesetze, die in den ersten Jahren häufig geändert wurden. Zunächst wurde angeordnet, daß für jede „Religion“ ein Oberster zu bestimmen war. Alle Sekten und Schulmeinungen hatten sich entsprechenden Vereinigungen anzuschließen. Zu dieser Zeit wurde auch die Mönchsheirat (die teilweise schon üblich war) gesetzlich gestattet. „Zen“ (禪宗) betrachtete man zunächst als eine einzige Schule, so daß es drei Jahre lang einen jeweils auf ein Jahr gewählten Obersten gab. 1874 wurde insofern reformiert, als daß die Trennung in Rinzai und Sōtō wieder gestattet wurde. Ōbaku durfte sich 1876 wieder vom Rinzai trennen. In den folgenden Jahren erkannten buddhistische Führer (die in einer nationalen buddhistischen Vereinigung zusammen agierten), daß nur durch bedingungslose Unterstützung des autokratischen Regimes mit dem Meiji-tennō als nominellen Staaatsoberhaupt und den siegreichen Cliquen aus den Han von Satsuma und Chōshū ihnen Ruhe sichern würde. Die führte dann zu gewissen Exzessen. In den 1890ern trommelte der Mönch Nantembō sowie die Nichiren- und die beiden Honganji-Sekten laut für Kaiser und Vaterland. Zur Zeit des Chinazwischenfalls missionierten diese aggressiv und mit Hilfe staatlicher Stellen auf dem chinesischen Festland, in Korea und der Mandschurei. Den Militarismus rechtfertigte man. Eine Aufarbeitung der düsteren Seite erfolgte zuerst durch die Sōtō-Schule ab den 1980ern. Andere Gruppen zogen seit 2000 allenfalls zögerlich nach, denn hinsichtlich der Vergangenheitsbewältigung des Pazifikkrieges gilt in Japan: „Das waren unsere Großväter.“
Um 1990 gliederte sich „Zen“ in Japan in 22 „Flügel“ was im wesentlichen der analog staatlichen, deutsche Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts entspricht, d. h. Steuerbefreiung bringt. Repräsentiert und reguliert werden die Schulen/Flügel in der Regel durch einen Haupttempel, mit einem Kanchō (管長) an der Spitze. Ausbildungszentren (Rinzai mit zendō im Sōtō sōdō, 曽堂) („Klöster“) sind oft Haupttempeln angeschlossen. Die meisten Studenten haben heute einen Hochschulabschluß. (Das japanische System tertiärer Bildung ist nach amerikanischem Vorbild organisiert, es gibt zahlreiche gebührenpflichtige Privatuniversitäten, praktisch alle Religionsgemeinschaften haben ihnen verbundene Hochschulen, bei denen es sich aber nicht immer um reine theologische Fakultäten bzw. „Seminare“ handelt.) Das, im wahrsten Sinne des Wortes, Absitzen einer, meist dreijährigen „Lehrzeit“ im Zendō, unter einem Lehrmeister, (shike, 師家) ermöglicht dann die Übernahme eines (Familien)tempels. Die wenigsten jungen Studierenden sind also an einem tieferen geistigen Weg interessiert. Auch die Motivation der Armut, im China der 1930er Grund für etwa zwei Drittel der Novizen ins Kloster einzutreten,③ ist in Japan seit den 1960ern fortgefallen.
Die Sōtō-Schule ist einheitlich strukturiert, die beiden Haupttempel ziehen an einem Strang und übersehen, Stand 1984, 14.718 Tempel und 26 Ausbildungsklöster.④ (専門;dazu zwei für Nonnen: 愛知専門尼僧堂 in Nagoya und 富専門尼僧堂 in Toyama.) Diese Zahl blieb konstant bis 2015 (Statistiken zu 2015 sämtlich aus 宗教統計調査結果 S. 74-5 http://www.bunka.go.jp/tokei_hakusho_shuppan/tokeichosa/shumu/pdf/h26kekka.pdf Zu beachten ist, daß sämtliche Daten auf Selbstauskünften der Organisationen basieren.) es gab 14559 Tempel mit 16209 Geistlichen, darunter 537 Frauen bzw. 36 Ausländer.
Die Rinzai-shū hatte 1988 fünfzehn Haupttempel, (Buttsuji, Daitokuji, Eigenji, Engakuji, Hōkōji, Kanchōji, Kenninji, Kōgakuji, Kokutaiji, Kōshōji, Myōshinji, Nenzenji, Shōkokuji, Tenryūji, Tōfukuji. Jap. ungeordnet: 妙心寺派; 建長寺派; 圓覚寺派; 南禅寺派; 方広寺派; 永源寺派; 佛通寺派; 東福寺派; 相国寺派; 建仁寺派; 天龍寺派; 向嶽寺派; 大徳寺派; 國泰寺派; 興聖寺派.) 5754 Tempel sowie 38 Klöster. 1984 fand nur in sechs Klöstern eine Ausbildung weiblicher Zenadepten statt, die keine zehn Prozent der Kleriker ausmachen.⑤ ⑥ Haupttempel erhalten von kleineren, die normalerweise als Eigentum eines verheirateten Mönchs innerhalb der Familie weitervererbt werden können und Einkommen aus Beerdigungen und Totenmessen erzielen, jährliche Gebühren pro angemeldetem Mönch.
Die Ōbaku, auf chinesische Flüchtlinge zum Ende der Ming-Dynastie zurückgehend und dem Rinzai nahestehend, mit 460 (1984), heute 452 Tempeln und zwei Klöstern ist eine Einheit, man hatte 2015 79.375 Anhänger, die von 442 Geistlichen (1 Ausländer, 24 Frauen) betreut wurden.
Weiterhin gibt es kleinere Lehrrichtungen, oft von Reformwilligen im 19. oder 20. Jahrhundert gegründet, die sich aber weiterhin „Zen“ so vebunden sehen, daß sie nicht zu den zahlreichen „neuen Religionen“ (Shin[kō] shūkyō, 新[興]宗教) zu rechnen sind.
- Ichibata yakushi kyōdan (一畑薬師教団) legt großen Wert auf das Vertrauen (genze riyaku) in den Medizin-Buddha Yakushi (Spezialität Augenheilung). Man war erst dem Tendai verbunden, dann dem Myōshinji-Rinzai. Haupttempel ist der Ichibata-ji (= Iōzan 醫王山. Nr. 26 auf der Liste der 33 Tempel der Chūkoku-Pilgerfahrt) in Izumi. Von den 47 Gebetsstätten waren 2015 28 echte Tempel. 1984 betreuten 124 Geistliche, davon 63 Frauen 195.708 Anhänger. 2015 waren es nur noch 81 Geistliche (30 Frauen) für 111.784 Anhänger. Haupttempel
- Isson kyōdan (一尊教団) ist eine vom Sōtō abgespaltene Linie, die vor allem in Kanazawa aktiv ist. 1984 hatte man drei Gebetsstätten und rund 1900 Anhänger (2015 k. A.).
- Ningen-Zen (人間禅 unter diesem Namen seit 1949 vorher Ryōbō Kai bzw. Ryōmō Kyōkai 両忘禅協会) legt Wert auf eine humanitäre Praxis und demokratische Struktur. Gegründet 1875 von Nakae Chōmin und anderen. Imakita Kōsen, (今北洪川, 1816-92, Ordensname 蒼龍窟) ein konfuzianisch gebildeter, christenfeindlicher Rinzai-Abt des Engaku-ji in Kamakura war geistlicher Leiter. Zu den frühen Mitglieder gehörte der General Torio Koyata, Meister des Teeweges der Dai Nippon Sadō Gakkai. Soyen Shaku, ein Schüler Imakita's nahm als Rinzai-Repräsentant 1893 in Chicago am “World Parliament of Religions” teil. Nyogen Senzaki war dann einer der ersten Zen-Mönche in den USA (auf ihn geht das “First Zen Institute of America” mit zurück). Man ist der Ansicht, konventioneller Zen schließe die Masse aus. Die Gruppe hatte 2015 1009 Anhänger in dreißig Gemeinden. Als Laienorganisation hat man keinen eigentlichen Tempel. Website
- Nyorai kyō (如来教) bzw. 1953-63 Nyorai shō (如来宗) hatte 1984 noch 68 Tempel, mit je einem Geistlichen, davon waren 63 Frauen und 33204 Anhänger. Es verblieben 2015 noch 34 Tempel mit zehn Geistlichen (sämtlich weiblich) für 3074 Gläubige. Es handelt sich um eine 1802 in Aichi entstandene Volksreligion, die erst 1876, als der Sōtō-Mönch Kodera Daisets' (?; 小寺大拙) beitrat, mit den Zen verbunden wurde (Kontrollgesetzgebung schrieb den Beitritt zu großen buddhistischen Organisatonen vor). Seit 1953 ist man wieder eine unabhängige Gruppe. Man betreibt das Nonnenkloster Saidihi-ji (青大悲寺) in Nagoya. Die erwähnte Isson kyōdan ist eine Abspaltung.
- Sambō Kyōdan: (三宝教団) Die in Japan bedeutungslose Gruppe wurde 1953 gegründet von Yasutani Haku'un (1885–1973, 安谷白雲), der als Kind Rinzai, erst später dann Sōtō studierte. Die Gruppe, eher eine Laienorganisation (Hauptsitz San’un Zendō, Kamakura), ist im Westen durch die Bücher von Philipp Kapleau bekannt geworden. Ab 1970 leitete die Schule Yamada Kōun. In den USA und einigen anderen englischsprachigen Ländern ist man als Sanbo-Zen International aktiv. In üblicherweise einwöchigen intensiven sesshin verbindet man Sōtō-Zazen mit Kōan-Übungen des Rinzai. 2015 hatte man in Japan drei Tempel und zehn andere Gebetsstätten; die 2554 Anhänger betreuten achtzehn Geistliche, davon fünf Frauen und vier Ausländer. In Übersee hat man rund sechzig Lehrer, fast alle Laien. japanische Webseite, internationale Organisation sowie der deutsche Ableger.
Tee
Detaillierte Beschreibungen der Frühgeschichte des Teegenusses, auch in China, können an dieser Stelle nicht gegeben werden. Es sei nur das T'ang-zeitliche Werk Chájīng (茶經, „Buch vom Tee,“ wtl. „Tee-Sutra“) des Lù Yǔ (733-804, 陸羽) erwähnt, das Okakura Kakuzō in seinem Book of Tea (= O. Tenshin. Gerne zitiert, sollte die Entstehungsgeschichte als Okakura in die bostoner „bessere Gesellschaft“ eingebunden war bei der Interpretation nicht übergangenwerden.) im Westen bekannt machte. Ältere Beschreibungen der Teepflanze im Reiche Shǔ (Sichuan) beschreiben den Gebrauch in Congee (Reisschleimsuppe), Suppen und Fleischgerichten. Keine unsinnige Nutzung wenn man bedenkt, daß die Gerbstoffe sicherlich etliche Bakterien, des in einer heißen Region ohne Kühlmöglichkeiten wohl nicht immer frischen Fleisches, zerstörten.⑦ Beschrieben wird im Chájīng die Methode der Teeziegel, zu deren Herstellung gepflückte Tee gedämpft wird, dann im Mörser zerstoßen und in Formen getrocknet wurde. Sie wurden dann mit der Zange übers Feuer gehalten und gebacken, nach dem Abkühlen (per Mühlstein) zermahlen und gesiebt. In kochendes Wasser mit etwas Salz gegeben wurde dann der enstehende Schaum abgeschöpft und getrunken. In Ureshino (Kyūshū) findet man noch heute die Herstellung von ofengefeuerten Tees (kamairi-cha, 釜炒り茶). Unzweifelhaft ist hierfür das Vorbild für matcha zu sehen. Dessen Herstellung unterscheidet sich jedoch grundlegend. Ausgelesene Blätter der Frühlingsernte werden gedünstet, dann getrocknet und in Beuteln in Krügen aufbewahrt. Beschattung während der letzten zehn bis zwanzig Tage vor der Ernte verbessert die Qualität. Blattfasern der trockenen Ware werden durch Sieben entfernt, dann wird gemahlen. Rohmaterial mit hohem Knospenanteil ist süßer und nicht so herb, es wird für den dickeren koicha verwendet. Der Rest dient als Pulver für den dünneren usucha. Japan mit seinem im Vergeich zum subtropischen Sichuan und Yünnan kühleren Klima eignet sich besser zur Herstellung von Grüntee, der einen höheren Anteil an Aminosäuren hat. Die für Fermentation (Daß um 1610 in Europa von den Händlern der VOC erstmals schwarzer Tee angelandet wurde, dürfte dem Zufall zu verdanken sein. Die feuchte Seeluft der monatelangen Reise hatte die Fermentation grünen Tees unbeabsichtigt angestoßen.) zur Herstellung von Schwarztee gut geeigneten größeren, fleischigeren Blätter wachsen bei tropischer Hitze besser.
Die Art der japanischen Zubereitung des Teeblattes hat eigene Bahnen beschritten, alle japanischen Tees sind unfermentiert, d. h. unvergoren; trotzdem kann man aber die Tees Japans nicht als grüne ansprechen, sie sind ihrem Äußeren nach ein Mittelding zwischen grünen und schwarzen Tees, mehr zu den ersteren hinneigend. In Nordamerika werden sie treffend als „Weißwein des Tees” bezeichnet, im Gegensatz zum „Rotwein” des schwarzen Tees.
Sofort nach dem Pflücken werden die Blätter entweder im Hause des Grundbesitzers oder in der Faktorei der Pflanzung gedämpft, indem man sie in Bambuskörben oder in Sieben, die aus Messingdraht geflochten und mit einem starken Holzrand versehen sind, auf einen meist eisernen Kessel mit dampfendem Wasser setzt. Dieser Vorgang dauert nur ½ bis 1½ Minuten, dann werden die weichgewordenen Blätter zum Abkühlen aufMatten oder in flachen, weiten Bambuskörben ausgebreitet; in größeren Betrieben liegen sie auch auf Papier, das in einfache Holzrahmen eingespannt ist. Dabei werden die Blätter dauernd mit den Händen gerollt und damit das Abkühlen beschleunigt.
Nun folgt das Rösten, von dem man drei Arten unterscheiden kann.
Die erste heißt Korbröstung, weswegen die solchermaßen behandelten Tees in Amerika unter der Bezeichnung “basket fired” gehandelt worden sind. Dieses Verfahren, zumeist von den bäuerlichen Pflanzern geübt, besteht darin, daß in einen besonders gebauten Korb, je nach seiner Größe, 2 bis 5 kg Teeblätter geschüttet werden. Dieser Korb hat die Form zweier an den Spitzenflächen zusammengewachsener Kegelstümpfe und ist am ehesten einer Sanduhr zu vergleichen. An der Nahtstelle sitzt ein Sieb aus Draht oder Bambusstreifen, das die Teeblätter in der oberen Hälfte des Korbes hält. Die untere leere Hälfte wird nun über ein kleines Becken mit Holzkohlengut gestellt und der Tee so geröstet. Der Röstvorgang wird zwei- oder dreimal unterbrochen, indem der Korb vom Feuer gehoben wird, der heiße Tee wird dabei umgewendet, damit er sich gleichmäßig erhitzt.
Auf größeren Pflanzungen wird die zweite Art des Röstens in Anwendung gebracht; es werden auch hier etwa 2 bis 5 kg Tee gleich nach dem Abkühlen in feines Reispapier eingewickelt, in dünnwandige Pfannen aus Eisenblech gelegt und dort sorgsam etwa eine Stunde lang, gleichfalls mit Unterbrechungen, geröstet. Durch ständiges Schütteln der Pfannen, die dem damit bereiteten Tee in Amerika zur Bezeichnung “pan fired” verhalfen, wird das Anbrennen des Papieres vermieden. Der ganze Vorgang spielt sich in der Nähe des Ernteplatzes ab. Hierauf wird der nur vor-, nicht durchgeröstete Tee in die Faktorei gebracht, wo er erneut, diesmal aber ohne Papierumkleidung und in größeren Mengen von 10 bis 15 kg, in Pfannen unter ständigem Umrühren über Holzkohlenglut fertig geröstet wird. Auch diesmal beansprucht die Arbeit etwa eine Stunde.
Die dritte Röstart ist der vorstehend geschilderten ähnlich, vollzieht sichaber nicht so sorgsam. In Kisten aus Hartholz, die rund 2 bis 5 kg grüne Teeblätter fassen, wird der Tee über Holzkohlenfeuer geröstet, auch wieder zwei- bis dreimal unterbrochen. Dieser Art bearbeitete Tees werden in Amerika “porcelain fired” genannt, was vermuten läßt, daß in früheren Zeiten die Holzkiste durch ein Porzellangefäß ersetzt war.
Nach dem Rösten wird der Tee abgekühlt, beschleunigt durch Umleeren von einem Korb in den anderen und durch Sieben, wobei gleichzeitig Bruch und Staub gesondert wird, dann wird er, falls er zur Ausfuhr bestimmt ist, in Kisten verpackt, deren Äußeres und Ausmaß dem chinesischen ähneln. […]
In Europa kam der japanische Tee [vor dem Pazifikkrieg] nur in ganz seltenen Fällen, und zwar für Frankreich, in den Handel; unserem deutschen Geschmack entspricht er durchaus nicht, selbst in seinen feinsten Sorten. Gehandelt wird der Tee Japans entweder nach den alten Sortenbezeichnungen, die der Güte nach absteigend folgende sind: hi-ki-tcha, gji-ku-ro, sen-tsdia und ban-tscha, oder nach der Gegend des Anbaus. Hierin ist der wichtigste und größte Bezirk die Gegend Schizuoka am Südhange des heiligen Berges Fudschi-yama [sic!] mit einer Anbaufläche von rund 15.000 ha. Es folgen an Bedeutung die Präfekturen Midsche am Golfe von Atsuda, Ibaraki nordöstwärts von Tokio und endlich Kioto. Alle liegen auf der Insel Honschu. Es folgen Kumanoto und Fukuoka auf der Insel Kinschu [sic!]. Aber auch in den Provinzen Yasamiro, Ine Enschiu und Nara liegen Teegärten; eine besonders feine Sorte Tee stammt aus Kawani.
Die Tibeter schütteln ebenso wie die Chinesen und Japaner ungläubig und mitleidig die Köpfe, wenn sie hören, daß ihr Nationalgetränk in Europa gesüßt wird, denn das Süßen des Getränkes mit Zucker kennt man in ganz Ostasien nicht. Es ist dies ein europäischer Gebrauch, der wohl durch die starken Aufgüsse der Europäer bedingt ist, während China und Japan ihre Teeaufgüsse dünn und schwach machen. (Handwerkliche Herstellung, wie sie zu Bohners Zeiten noch üblich war: Schleinkofer, Otto F.; Der Tee; Hamburg ²1956, S. 80 ff., 104.
Nicht jeder Teegenuß im Mittelalter fand im Rahmen von extravaganten Ratespielen des Typs Basara no tōcha (Am Beispiel des Sasaki Dōyo anschaulich beschrieben im Taiheki 太平記) unter Schwertadeligen statt, bei denen begehrte chinesische Utensilien protzig zur Schau gestellt wurden. Es gab bereits zur Ashikaga-Zeit in der Hauptstadt Buden (tateuri cha) wo man für eine Münze ein Tässchen bekam. Frühe Quellen über Teegenuß usw. finden sich in der Quellensammlung Gunsho Ruijū (群書類從) und ihren Ergänzungen, so z. B. im dritten Brief des Issei teikin ōrai (GR 140) oder Yūgaku ōrai (ZGR 362).
Die nüchterne Tee-Zeremonie, die ihre Wurzeln im Rinzai-Zen des 14. Jahrhunderts hat, geht auf verschiedene „Erschaffer“ zurück. Sicherlich hatten in China erworbene Kenntnisse von zurückkehrenden Mönchs-Studenten, (Als Teil der Tributmissionen cum Botschaften, die von Japan seit dem 7. Jahrhundert abgingen, waren immer einige Mönche. Zu den frühen Personen siehe die Dissertation von Marcus Bingenheimer, Biographical Dictionary of the Japanese Student-Monks of the Seventh and Early Eighth Centuries; 2001.) die einige Klassiker (z. B.: 煎茶水記 814, 採茶錄 860, 茶錄 1053/64 (19 kurze Abschnitte ergänzend zum 茶經) die Herstellung feineren Pulvertees mittels Metallmörsern wird beschrieben, 東溪試茶錄 1064, 宣和北苑貢茶錄, 品茶要錄 1075, das kurze 大觀茶論 von kaiserlicher Hand 1107 (erste Erwähnung des Teebesens 茶筅) und über Gerätschaften 茶具圖贊. Auch in der Klosterregel des Bǎizhàng 百丈清規 in der regierungsamtlich standardisierten Fassung von 1336 (T. 2025) finden sich an 25 Stellen Hinweise auf Zeremonien mit Teeausschank, diese dürften den Studenten-Mönchen zuerst bekannt geworden sein. Zur dieser Regel vgl. Buddhistische Tempel in China.) lasen, einen Einfluß gehabt. Der im Frage-und-Antwort-Format mit 93 Fragen gehaltene Traktat Muchū-mondō (夢中問答; 1344), der ein Zwiegespräch zwischen dem Ashikaga-Shōgun Tadayoshi und dem Rinzai-Mönch Musō Soseki zum Inhalt hat ist primär mit Zen befaßt, schildert jedoch auch die Gepflogenheiten der Teebewirtung der Eliten.
Die Familie der heute noch dominierenden Linie (in der 16. Generation) der (formalisierten) Teezeremonie, Sen Rikyū hat im Rahmen der Urasenke-Foundation, dessen ursprüngliches Teehaus (Konnichian) samt Garten in Kioto zugänglich gemacht. Für detaillierte Informationen zum Chadō wäre diese Stiftung, die inzwischen auch mehrere internationale Ableger hat, der geeignete Ansprechpartner. Auf dem Gelände in Kioto besteht auch eine spezialisierte Chadō-Bibliothek (nur japanisch). Das japanische Standardwerk zur Teegeschichte war zu Bohners Zeit Nihon kissa shiyō von Kurokawa Shindō, erstmalig 1916 erschienen als Band 8 von Chadō hōkan.
Zur Übersetzung des Begriffs cha-dō als „Teezeremonie“: »Wie schon aus den genannten Buchtiteln zu ersehen ist, werden im Japanischen für unseren Begriff Teezeremonie Ausdrücke wie Chado, manchmal auch Sa-do, beides im Sinne von Tee-Weg, oder Cha-no-yu, (Cha-no-yu ist die ältere Bezeichnung, die seit Beginn der japanisierten Teekultur im 15. Jahrhunder gebräuchlich. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts, wohl unter Einfluß konfuzianischer Ideen vom WEG 道 kam cha-no-michi bzw. cha-dō in Gebrauch. Die häufige Lesung sa-dō hat mehr Zen-Bezug.) was einfach heißes Wasser für den Tee bedeutet, benützt. Wörter wie Shiki-ten, -shiki, oder Gi-shiki, mit denen im Japanischen der Begriff Zeremonie umschrieben wird, werden in der japanischen Sprache im Zusammenhang mit der Teezeremonie nicht gebraucht. In der normalen Konversation benützt man dafür nur O-cha, was schlicht und einfach Tee bedeutet, wobei das Präfix O als ein im heutigen Japanisch im genannten Falle schon zur Vorsilbe gewordenes, verblaßtes Honorifikum zu verstehen ist.«
Aji (味)
Zur Rezeption der japanischen „Kultur“ und dem speziell japanischen „Geschmack“ (Aji), hat Lilly Abegg in ihrem Buch Yamato 1936 – auch heute noch zutreffend – folgendes festgestellt:
Die altjapanische Kultur besaß unübertreffliche Werte, ja sie war in gewisser Hinsicht vollkommen. Heute wird sich Japan seiner östlichen Besonderheiten immer stärker bewußt und ist bereits sehr tätig, kulturelle Propaganda zu treiben. Der Wille zur Kulturausbreitung ist imperialistisch. Dieser neue, erst werdende Kultur-Imperialismus ist ebenso ernst zu nehmen wie der militärische Eroberer- und der Wirtschafts-Imperialismus, über die man vor zwanzig Jahren noch gelächelt hat. … Das Alte geht unter – das Neue ist Ausdruck zivilisatorische Häßlichkeit. Kein Wunder, daß Japan ausschließlich auf sein kulturelles Erbe zurückgreifen muß, um der Welt etwas bieten zu können. Dies Verfahren hat den Nachteil, daß es Zweifel und Mißtrauen weckt – denn mas nützt es, die Teezeremonie oder die Kunst des Blumen-Arrangments zu preisen und vorzuführen, wenn der Fremde genau weiß, daß der heutige Japaner weder Zeit noch Sinn mehr dafür hat und daß sein kultureller Allgemeinbesitz allmählich zur Fähigkeit einiger Fachleute herabgesunken ist? Aber gerade diese Vorführung überlebter Kultur und Künste, die Vortäuschung eines vorhandenen Lebens beweist ein ungeheuren Geltungswillen. Denn das eine kommt den Japanern immer deutlicher zum Bewußtsein: der grundsätzliche Unterschied zwischen ihrer Geisteswelt und unseren.
In der Wertschätzung der beim Teekult gebrauchten Dinge prägt sich der Unterschied zwischen japanischer und fremder Kunstauffassung besonders scharf aus, ein Unterschied, der in demselben Sinne für die Bewertung von Kunstgegenständen auf allen Gebieten gilt. Die Japaner behaupten, die Urteilsbildung des Europäers erfolge stets auf mehr oder weniger „wissenschaftlichem“ Weg, während sie selbst sich von dem Gefühl leiten ließen, also auf dem Standpunkt stünden, „man sähe es einem Kunstgegenstand doch an, ob er schön sei oder nicht“.
Das ist nicht ganz richtig; denn was der Japaner „aji,“ auf deutsch etwa „Geschmack“ nennt, ist nicht nur von dem reinen Kunstgefühl abängig. Allerdings wird der japanische Kunstsachverständige keine Lupe nehmen, den Gegenstand von hinten und vorne mit sachlich-wissenschaftlichen Augen betrachten, genau die Entstehungszeit feststellen und dann etwa dem Verkäufer mitteilen, seine Annahme sei falsch, der Gegenstand sei hundert Jahre jünger, als er annehme, und daher höchstens die Hälfte wert. Es kommt ihm weder auf diese hundert Jahre noch auf die Frage an, ob der Gegenstand von dem berühmten Meister ist oder von seinem Schüler; es kommt vielmehr darauf an, ob er „aji“ besitzt oder nicht.

Aji hängt nicht nur von der Art des Kunstwerks selbst ab, sondern auch von seiner Geschichte, das heißt von den historischen Begebenheiten, die es „erlebt“ hat, und von der Art, wie es behandelt wurde. Die Japaner sehen es einem Gegenstand an, ob er liebevoll, richtig, falsch oder nachlässig behandelt worden ist. Ist er richtig behandelt worden, dann hat er Aji. Wenn eine Bronzestatue das Unglück gehabt hat, in die Ände eines neureichen Barbaren zu geraten, und wenn dieser versucht hat, etwa durch unsachgemäßes Polieren den Glanz der Bronze zu erhöhen, dann ist sie verdorben, dann hat sie kein Aji. Einem alten Lackkasten kann man es besonders gut ansehen, ob er liebevoll und seinem Material entsprechend behandelt oder in nachlässiger Weise zerkratzt worden ist. Aji hat ein Gegenstand, wenn er jene unerklärliche Patina besitzt, die beweist, daß er sich Generationen hindurch in einer angemessenen Umgebung bei stilvollen Menschen befand und niemals entweiht wurde.
Bei der Bestimmung des Aji geht man nicht nur von dem einfachen Betrachten und Befühlen des Gegenstandes aus, sondern auch davon, was von seiner Geschichte tatsächlich bekannt ist. Er kann zu früheren Kriegen, großen Feldherren, Liebesangelegenheiten, Unglücken und Familiengeschichten der Vorfahren Beziehungen haben. Aus dem Zusammenspiel von Geschichtskenntnis und Familiengefühl, von Herstellungsart und heutiger Beschaffenheit des Gegenstandes ergibt sich dann das Aji.
In früherer Zeit waren ziemlich einfache glasierte Teetassen aus Korea, von denen zuerst der Feldherr Hideyoshi welche mitgebracht hatte, die beliebtesten und begehrtesten für die Teezeremonie. Es wurden Vermögen für diese Tassen bezahlt. Nach der Wiedereroberung Koreas durch die Japaner veranstalteten aber moderne Wissenschaftler dort Ausgrabungen und entdeckten altkoreanische Brennereien, in denen sie Wagenladungen von Teeschalen vorfanden, die ebenso beschaffen waren wie die in Japan berühmten, kostbaren Schalen. Es wurde einwandfrei festgestellt, daß die [1936] 10 000-Mark-Schalen aus denselben Brennereien und aus derselben Zeit stammten. Die japanischen Kunständler, beeinflußt von der Kunstwissenschaft des Westens, bekamen einen gewaltigen Schrecken. Die Preise fielen. Aber allmählich beruhigte man sich und besann sich wieder. Man betrachtete die neuaufgefundenen Tassen und entdeckte, daß sie kein Aji hatten. Der Unterschied zwischen einer Teeschale, die seit Generationen beim Teekult benützt worden war, und einer Schale, die seit Jahrhunderten einsam in der Erde geschlummert hatte, war unverkennbar. Was für Empfindungen konnte schließlich so eine neuentdeckte Schale erwecken? Es fehlten alle trauten und innigen Beziehungen, die man durch die Teeschale zu der Vergangenheit hatte. Die Preise der alten Schalen kletterten wieder und erreichten ihre frühere Höhe. Man ließ sich nicht von dem Sinn seiner Kunst abbringen.
Wabi (侘)
Wabi-Sabi (侘寂), oft nur kurz wabi, ist ein ästhetisches Konzept, konkret ein Konzept der Wahrnehmung von Schönheit.
Der japanische Geschmack für die Überschwenglichkeit der glänzenden Farben und die Pracht der prunkvollen Dekoration erreichte einen zweiten Höhepunkt in der Momoyama-Periode (1573–1615), der Zeit von Rikyū’s Wirken. Zu dieser Zeit vervollkommnete er die „Kunst des Tees“ (wabi-cha) seines Lehrers Jō’ō (1502–55) – also die Kunst des Tees, die sich auf den Geist des wabi (Subtilen) stützt und davon erfüllt ist.
Wabi ist ein schwer zu definierender Begriff, der mit den drei konstituierenden Grundelementen Einsamkeit, Armut und Einfachheit in etwa umrissen werden kann. Dabei ist der erste Faktor „Einsamkeit“ (d. h. Leben fern des Staubes und Lärmes mondänen Lebens), metaphysisch zu verstehen. „Armut“ (arm sein), bezieht sich auf die Abwesenheit verzierter Dinge. Diese materielle Armut muß ein natürlicher Ausdruck geistiger Armut sein, die zum metaphysischen Bewußtsein der ewigen Leere (Śūnyatā) sublimiert worden ist. Sonst wäre Armut nichts als Mittellosigkeit, die keine ästhetische Empfindung vermitteln kann. Der dritte Faktor „Einfachheit“ ist eng mit den beiden anderen verbunden. Der Tee-Raum im von Rikyū geschaffenen Stil, der von ihm ursprünglich zur Schaffung der Kunst des „wabi“ vorgesehen war, ist nur eine aufs einfachste eingerichtete schmale Hütte, die allerhöchstens fünf Personen Platz bietet. Es fehlen fast alle Gegenstände, die Farben sind einfach, um nicht zu sagen dürftig bezw. trostlos. Ziel ist es „die Farbe zu töten (Auf die doppelte Bedeutung von 色, wörtlich: „Farbe“ „Form“ und ihren tieferen Hintergrund im Zen [vgl. 色界, rūpadhūta „Welt der Form(en),“ im Ggs. zu 無色界, „Welt ohne Form“ (Leere) kann hier nicht eingegangen werden.).“
Etwas anders betrachtet: »Was nun im allgemeinen von der Teezeremonie bekannt ist, ist unter japanischen Begriff Wabi-Cha zusammenzufassen. Der Begriff ist aus dem Worte Cha, Tee, bzw. im genannten Falle Teezeremonie und dem praktisch unüberesetzbaren Ausdruck Wabi gebildet. In seinem kürzlich erschienen Werk “The Tea Ceremony” (Tanaka Senō;The Tea Ceremony; Tokyo u. a. 1973 (Kodansha International), New York 1977 (Harmony Books) schreibt Sen-O Tanaka: “The literal translation of wabi is apology, with an added sense of worry, although the wordthe idea of simplicity as well …“ und an anderer Stelle: “The meaning of wabi underwent a change during the Edo period, when more stress was on the ideas of simplicity alone, without tranquillity or solitude to complete meaning …“ Der 1960 verstorbene Teemeister Sen-Sho Tanaka hat im Buch „Tee und Mensch” (Cha to Hito) Wabi nicht als eine Art Verzicht, sondern als „das Glück,sich mit den Dingen, sowie sind eins zu wissen.“
Eine Vorstellung, die selbst japanischen Fachleuten, die aus ihr heraus zu leben gedenken, in Worte zu fassen, große Schwierigkeiten bereitet. Um so nachhaltiger hat sie aber vieles, was mit Teezeremonie zu tun hat, durch Jahrhunderte hindurch durchweht und zum Teil entscheidend mitgeformt. Obwohl Hilfe dieses Schlüssels nur ein Teil der gesamten Erscheinung enträtselt werden kann, so hat doch in guter Kenntnis der Probleme europäischen Verständnisses, der erste Japaner, der dieses Kulturgut dem Westen verständlich machen wollte, Okakura Kakuzo, gen. Tenshin, in seinem “The Book of Tea” Wabi eine Zentralstellung in seiner Betrachtung eingeräumt. Er definiert folgendermaßen: “Teaism is a cult founded on the adoration of the beautiful among the sordid facts of everyday existence.”«
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Bibliographische Nachweise
Das japanische Original findet sich in:
Akaji Sōtei; 茶道掛物禅語道訳 Chashitsu-kakemono Zengo-Tsūkai, 64 S.
- Nummern der japanischen Nationalbiographie: 43013754, 44040619
- 1917 [Taishō 6]: NDL 327-932
- 1929 [Shōwa 3], 87 S.: NDL Toku 259-591
Nach den Bestimmungen des japanischen Urheberrechts, ist dieses auf Publikationen dort inkorportierter Gesellschaften auch dann zwingend anzuwenden, wenn der Titel noch in einem anderen Land herausgegeben wurde. Bei Serien (Zeitschriften) gilt die Schutzfrist ab Veröffentlichung, das war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 30 Jahre, was in der Nachkriegszeit auf 38 Jahre ausgeweitet wurde. Das Recht Akaji Sōtei’s an der Übersetzung erlosch nach dem japUrhG (i. d. F. 1899) bereits zehn Jahre nach dem Erscheinen. Der zugrundeliegende Text ist gemeinfrei.
Versionsgeschichte
Druck
- Akaji Sōtei; 茶道掛物禅語道訳 Chashitsu-kakemono Zengo-Tsūkai
- 1.0: 1917 [Taishō 6] (盛文館), 64 S. (Es erschienen in diesem Jahr drei unveränderte Nachdrucke, ein weiterer im Jahr darauf.)
- 1.1: 1928 [Shōwa 3] (千駄ケ谷町 (東京府), 87 S. Weitere Auflagen 1936, 1940, 1942 und zwei weitere 1943.
- 1.2.: 1941 im Selbstverlag als 禅語通解: 茶室掛物
- Akaji, Sōtei; Zen-Worte im Tee-Raume erläutert (Chashitsu-kakemono Zengo-Tsūkai) Einführung und Übersetzung von Hermann Bohner; Sert.: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens; Suppl. XX
- 2.1.A: Tōkyō (Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens);
- 2.1.B: Leipzig (Kommissionsverlag von O. Harrassowitz 1943), 116 S., 24 cm;
- 2.2: „Neubearbeitung“ von Heinz Morioka: Sotei Akaji, Hermann Bohner; Zen-Worte im Tee-Raume; München 2007 (iudicium); ISBN 978-3-89129-199-3, € 10
„Um die erläuternden Anmerkungen Hermann Bohners gekürzt, dadurch teilweise sinnentstellend. Enttäuschende Arbeit ohne Illustrationen, an der nur der erträgliche Preis gefällt.“
Online
Dem Webseitengestalter haben 2006 und 2018 zwei unterschiedliche Exemplare vorgelegen. Beide wiesen wegen der kriegsbedingten Verwendung schlechten Papiers eine starke Bräunung sowie Gebrauchsspuren auf. Die erste Ausgabe enthielt eine handschriftliche Widmung Bohners, das zweite Exemplar war stärker beschädigt, konnte jedoch aufgrund verbessserter Scannertechnik für höherauflösende Bilder herangezogen werden.
- 3.1.: April-Juni 2006: Unverändert: » Hier.
- 3.2.: Februar 2008: Mit neuer Benutzerführung, verbesserter Lesbarkeit, korrigierten Schreibfehlern insbesondere im japanischen Text. Umarbeitung des Abschnitts » Biographien und allgemein moderneres Webdesign.
- 3.2.2.: .pdf-Dateien der Version 2008 zum download. Kleinere Modifikationen August 2009: verbesserte Zugänglichkeit. Nachdem der Webspace von freenet.de kostenpflichtig wird, Umzug auf bplaced.net.
- April 2011: Umzug von bplaced.net nach zenwort.lima-city.de wegen extrem schlechter uptime bei Ersterem.
- 5beta.1: Juni 2011 (teilweise Umarbeitung des Quellcodes auf HTML5 – deswegen „Version 5,“ (v. 4 gibt es nicht) „beta“ weil der W3C-Standard noch nicht offiziell ist, Validierung schwierig. Kleinere Fehlerkorrrekturen im Text. Weitergehende Trennung zwischen Text und Anmerkungen, durch vermehrten Gebrauch der „Walter Zorn ToolTips.“ Verbesserung der Lesbarkeit bei Farbenblindheit. Ansatzweise WAI-ARIA role-Attribute eingefügt.)
- 5.2: Dez. 2012: Weitergehende Umstellung auf HTML5/CSS3, dabei blieb von kosmetischen Änderungen (der Tatamiya-san hat sich um die Matte im Hintergrund gekümmert) das allgemeine Design fast unverändert. Besonders zu Literaturhinweisen wurde Markup der schema.org hinzugefügt. Kleinere textliche Änderungen erfuhr der Abschnitt Biographien, der Beschreibung der Teezeremonie wurde noch die Übersetzung der Regeln beigegeben.
- 5.2.2: Juli 2016: Inhaltlich unverändert. Umzug auf eigene subdomain im-tee-raume.zenwort.de
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5.3: Mai-Juni 2018: Ausbau der Hintergrundinformationen im Abschnitt „Teezeremonie,“ dazu Grundrisse und Abbildungen von Teehäusern, Ränge. Neue Unterseite „Tokonoma:“ Beschreibung und Planzeichnungen der Bildernische im allgemeinen Hausbau. Ausgliederung der Literaturhinweise in nach Sprachen getrennte Bibliographie. Etliche Überschriften der Koans um moderne Lesung und Furigana) ergänzt. Kleinere inhaltliche Korrekturen, Überprüfung der Weblinks usw. Anpassungen an die DSGVO.
Geringe Anpassungen des Webdesign um die Lesbarkeit auf den üblicher gewordenen höher auflösenden Bildschirmen Rechnung zu tragen. Bereitstellung statischer pdf einzelner Kapitel zum Herunterladen. - 5.4: Aug. 2021: Um bessere Nutzbarkeit (“responsive design”) auf mobilen Geräten zu erreichen, Zusammenführung der sechs Kōan-Unterseiten zu einer. Dies unter Verwendung der Vorlage Keep It Simple 2019. Verwendung dieser auch für die Unterseite mit den Biographien.
- 5.4.1: Aug. 2022: Ersetzung der .jpg-Bilder durch das Format .avif.
- 5.4.2: Nov. 2022: Einbau einiger Kalligraphien des Zenmeisters Kajiura Itsugai (梶浦逸外. Dieser war Rinzai-Mönch im Myōshinji und der Zen-Lehrer des 15. Patriarchen der Urasenke, Hounsai.)
(1896-1981).
- 5.5: Dez. 2022: Umstellung aller Unterseiten auf die erwähnte Vorlage. Kleinere inhaltliche Überarbeitung.
Japanisch (Kanji): Der Ersteller dieser Seite ist technischer Fachübersetzer für Japanisch und kann die von Bohner in seiner Einleitung gemachten Anmerkungen hinsichtlich Schwierigkeiten der Übertragung gut nachvollziehen. Heutzutage kommt noch erschwerend hinzu, daß die japanische Schrift 1948 vereinfacht wurde. Somit wird eine Vielzahl der Zeichen (gerade mit buddhistischem Bezug) nurmehr durch Nachschlagen verständlich. Zwar wurde versucht, die unreformierten oder traditionell chinesischen Schreibweisen einzuarbeiten (z. B. 禪 statt 禅) vereinzelt kommen aber reformierte Zeichen vor.
Webdesign: Um das Buch Internet-gerecht darstellen zu können, wurde die Seitenfolge des Originals nicht beibehalten, sondern die Kōans in Zehnergruppen zusammengefaßt, was 2022 durch einen einzige Unterseite ersetzt wurde. Dadurch war es nötig, Bohners Fußnoten umzunumerieren. Sie finden sich weiterhin beim jeweiligen Kōan, sind mit a, b, c …
(alphabetisch) gekennzeichnet. Vom Webseitengestalter hinzugefügte Zwischenbemerkungen und Fußnoten erscheinen dergestalt und sind numeriert [1, 2, 3 …] All dies ohne sinnentstellend zu sein. Zitate aus mehrfach verwendeten Werken Dritter heben sich ebenfalls farblich ab siehe Einzelheiten dazu.
Das Original-Inhaltverszeichnis (S. 113-16) liegt auch gescannt vor. Es kann über die Bilder im Inhaltsverzeichnis aufgerufen werden.
Die japanischen Überschriften der Leitsprüche (Kōan) waren bis 2018 als Bild eingearbeitet. Mangels japanischer OCR-Software wurden die Kanji im Text mittels der freien Software JWPce von Glenn Rosenthal neu geschrieben. Seit 2008 kam hierbei skim, Teil des KDE-Pakets zum Einsatz. Abweichend von Bohners Original wurden anfangs oft vereinfachte (Tōyō)-Kanji verwendet. Diese wurden später ersetzt. Die deutsche Rechtschreibung folgt (von Tipfehlern [sic] abgesehen) der 20. Auflage des Duden (ISO-Sprachcode: „de-DE-1901“).
An einigen Stellen im Text wurden für die Website Abbildungen von kakemono oder Tee-Geräten eingefügt. Diese haben nicht immer direkten Bezug zum jeweiligen Kōans, sondern sollen zum allgemeinen Verständnis beitragen. Bohners Original enthielt keine Bilder. Es ist anzumerken, daß gerade im Zen die besten bekanntesten Kunstwerke (wozu in Ostasien immer schon die Kalligraphie gezählt hat) anders als in den meisten anderen Religionen, nicht von beauftragten Künstlern, sondern von den Zenmeistern selbst geschaffen wurden.
Beim Erstellen dieser Seite wurde versucht, den Text so originalgetreu wie möglich wiederzugeben. Jedoch wurden offensichtliche Druckfehler stillschweigend verbessert. Am Wortanfang aufgelöste Umlaute wie Ae sind durch Ä dargestellt. Weiterhin wurde der circumflex konsequent durch den macron ersetzt, um den langen japanischen Vokal darzustellen (z. B.: ô zu ō). Wo im Text der japanische Objektanzeiger wo [を] vorkam, wurde dieser durch o wiedergegeben.
Vereinzelt konnten im Text gesetzte Kanji (japanische Schriftzeichen) nicht wiedergeben werden. Auch wurden Bohners Fußnoten, sofern sie nur Kanji enthielten, im Text an den entsprechenden Stellen eingefügt. In der Version 3.2 von 2008 wurden diese Zeichen mittels einer JavaScript Funktion aus dem Fließtext herausgenommen, wodurch die Lesbarkeit sich verbessert. Solche Abschnitte mit versteckter Information sind so dargestellt [Dies ist die versteckte Zusatzinformation]. Durch Überfahren mit der Maus wird der zusätzliche Text sichtbar – Ein Klick oder Bewegung der Maus läßt ihn wieder verschwinden.
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